Synopsis

Es heißt, der koreanische Regisseur Park Chan-wook habe beschlossen, Regisseur zu werden, nachdem er Alfred Hitchcocks „Vertigo“ gesehen hatte. Wenn das stimmen sollte, dann huldigt er mit seinem neusten Film auf erstaunliche Weise der Kunst seines Meisters. Denn in „Die Frau im Nebel“, der in Cannes mit dem Regiepreis ausgezeichnet wurde, vermischen sich Bilder aus den Thrillern des berühmten Briten mit Gefühlen, die direkt aus dem Kino von Douglas Sirk stammen könnten, um in bester melodramatischer Tradition davon zu erzählen, wie eine lähmende Besessenheit zur Liebe wird. Oder wird am Ende vielleicht die Liebe zur wahren Besessenheit? Der verheiratete Polizeibeamte Hae-jun (Park Hae-il) lernt die junge Witwe Seo-rae (Tang Wei) kennen, deren Mann bei einem Unfall ums Leben gekommen ist. Obwohl Hae-jun ein ausgefülltes und gutes Leben führt, beginnt er, obsessiv die Nächte vor dem Haus der geheimnisvollen Frau zu verbringen. Er beobachtet mit Zärtlichkeit, wie sie einsam Eis aus einer Schachtel isst, anstatt ein Abendessen zuzubereiten. Die Untersuchungen des Detektivs bringen ihn immer näher an diese Femme Fatale, die beide in eine Spirale von Begierdeabhängigkeit katapultiert. Der Regisseur von „Oldboy“ oder „Die Taschendiebin“ hat in seinen kultigen Neonoir-Thrillern immer wieder bewiesen, wie modernes Storytelling funktioniert. In seinem neuesten Film fügt Park Chan-wook seiner Geschichte aber eine neue, vielschichtige Emotionalität bei. Ein spannendes, irrationales Gefühl erweist sich diesmal als Taktgeber der Geschichte, die dann auch an einer koreanisch-chinesischen Grenzstadt spielt, in der ein Atomkraftwerk geheimnisvoll im Hintergrund wabert. Diese herrlichen Irritationsmomente fügen sich in meisterhafte visuelle Einfälle, die eine reiche, eigenständige Filmsprache offenbaren. Außerdem ist „Die Frau im Nebel“ vielleicht der schönste romantische Film des Jahres, obwohl er von einer Liebe handelt, die niemand bemerkt und die vielleicht nie existiert hat. Dass wir am Ende dennoch völlig durchgeschüttelt von wilden Emotionen das Kino verlassen, ist das größte Kunststück von Park Chan-wook.

Around the World in 14 Films 2022, präsentiert von Alexander Beyer

Credits

+++ Berlin-Premiere +++

OT: Heojil kyolshim (Englischer Titel: „Decision to Leave“)
Regie: Park Chan-wook
Drehbuch: Park Chan-wook, Seo-kyeong Jeong
Produktionsland: Südkorea 2022
Produktion: Moho Film
Cast: Park Hae-il, Song Seo-rae, Tang Wei, Go Kyung-pyore, Lee Jung-hyun
Länge: 138 min.
Sprache: koreanische OF / englische UT
Deutscher Verleih: Plaion Pictures, Studio Canal
Festivals: Cannes, Karlovy Vary, Jerusalem, Toronto, New York, Vancouver, Busan, Rio de Janeiro u.v.a.
Preise: Cannes Beste Regie

Offizieller Auslands-Oscar-Kandidat 2023 von Südkorea.