Synopsis
Nach intensiven Abstechern ins Leben der Libertinage am puritanischen Hof Ludwig XVI. („Liberté“) und der minutiösen Sterbebegleitung eines weiteren französischen Monarchen („Der Tod von Louis XIV.“, Eröffnungsfilm von 14 Films 2016) kehrt Albert Serra, das Enfant Terrible des europäischen Autorenkinos, mit „Pacifiction“ in die Gegenwart zurück. Serra begibt sich nach Tahiti, dessen Landschaften einem märchenhaften Land gleichen, einem Raum an der Grenze zwischen einem süßen Tagtraum und einem erstickenden Albtraum. Schon mit der ersten Szene – einer langen Reise, die einen glühenden Himmel über dem Meer und einen Hafen voller Containerschiffe zeigt – erzeugt Kameramann Artur Tort eine nahezu apokalyptische Stimmung im Pazifik. Die wuchtig, mysteriöse Hauptfigur, die uns durch dieses verlorene Paradies führt, ist De Roller (unglaublich: Benoît Magimel), der Hochkommissar der Republik, der das Archipel im Auftrag der französischen Behörden verwaltet. Fleischig, schwitzend, und gekleidet wie Werner Herzogs Fitzcarraldo in einem makellosen weißen Anzug, versucht De Roller als Vermittler zwischen dem Imperium und der lokalen Bevölkerung zu vermitteln, weil gerade wieder ein Gerücht kursiert über die Wiederkehr eines in Polynesien immer noch lebendigen Albtraums: die Wiederaufnahme französischer Atomwaffentests. Mit der Zeit verschwimmen Erwartungsangst und diplomatisches Geschacher in ein undurchdringliches Geflecht von kolonialen Ängsten und imperialen Machtansprüchen. „Pacifiction“ ist vollkommenes und durch und durch fesselndes Kino. Wie das gesamte Werk des katalanischen Regisseurs ist er durchdrungen von Ironie, bitterer Romantik und einer Atmosphäre der Dekadenz. Dabei fügt Serra eine spannende Reihe filmischer (Fassbinder und Coppola) und literarischer (Conrad und Chandler) Referenzen zu einer flirrenden, irritierenden Kriminalgeschichte im Pazifik. Kommen Sie ruhig mit ihren müden, alltagsgeplagten Augen ins Kino. Nach diesem Film werden Sie den Kinosaal mit einem neuen, frischen Paar ausgestattet wieder verlassen – und verfügen dann über einen besseren, klareren Blick auf unsere Welt.
Samstag, 03.12.2022 – 19.15 Uhr, Kino in der KulturBrauerei, Saal 6 – präsentiert von Nicolas Wackerbarth – in Anwesenheit von Regisseur Albert Serra
Sonntag, 04.12.2022 – 20.00 Uhr, delphi LUX, Saal 2
Samstag, 10.12.2022 – 21:30 Uhr, Kino in der KulturBrauerei, Saal 5
Credits
+++ Berlin-Premiere +++ |
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OT: | Pacifiction – Tourment sur les îles | ||
Regie: | Albert Serra | ||
Drehbuch: | Baptiste Pinteaux, Albert Serra | ||
Produktionsland: | Frankreich, Spanien, Deutschland, Portugal 2022 | ||
Produktion: | Idéale Audience Group, Andergraun Films, Tamtam Film, Rosa Filmes, ARTE | ||
Cast: | Benoît Magimel, Sergi López, Pahoa Mahagafanau, Cécile Guilbert, Matahi Pambrun | ||
Länge: | 165 min. | ||
Sprache: | französische OF / englische UT | ||
Deutscher Verleih: | Filmgalerie 451 | ||
Festivals: | Cannes, Jerusalem, Hong Kong, Peking, San Sebastián, London, Busan, Viennale u.v.a. |