Synopsis

Ein Film wie ein Pulverfass. Schon das erste Bild wirft uns in eine Gesellschaft unter Starkstrom. Die 40-jährige Leila (Taraneh Alidoosti) hat ihr ganzes Leben damit verbracht, sich um ihre Eltern und ihre vier Brüder zu kümmern. Die Familie lebt in Armut, was auch an Vater Heshmat liegt, der mehr damit beschäftigt ist, sich als neues Oberhaupt des Familienclans krönen zu lassen und sich nicht um die Zukunft seiner Kinder kümmert. Leilas Brüder hingegen haben über die Zeit ganz eigene Strategien entwickelt, um sich in ihrer Armut einzurichten. Manouchehr (Payman Maadi), Farhad (Mohammad Ali Mohammadi) und Parviz (Farhad Aslani) haben schlechte Jobs, große Familien und vor allem: kein Geld. Die Ausnahme ist der einzig vernünftige Bruder Alireza (Navid Mohammadzadeh). Er hat einen ehrlichen Job und ist auf Distanz zum herrischen Gehabe seines Vaters getreten. Als Heshmat ankündigt, das gesamte Ersparte in die Hochzeit eines Verwandten zu stecken und nicht in die Geschäftsidee seiner Kinder, beginnt eine atemlose Jagd nach Gerechtigkeit und Familienliebe. Regisseur Sayed Roustaee zeigt eine Familie im Würgegriff der sich ständig verschlimmernden Sanktionen des Westens gegenüber dem iranischen Regime. Natürlich sind es die ärmsten Familien, die unter diesen wirtschaftlichen Auflagen zuerst leiden. Dabei erweist sich die traditionelle, patriarchale Gesellschaftsordnung als weiteres Hindernis. Die Ehrerbietung dem Vater gegenüber erscheint den Kindern manchmal wichtiger als die eigene Zukunft. Jung gegen alt, Vergangenheit gegen Zukunft, Frau gegen Mann; Roustaee lässt alle Konfliktlinien der iranischen Gesellschaft aufeinanderprallen in einem beeindruckenden Tempo und mit wahren Dialogschlachten, die einem förmlich die Ohren klingeln lassen. Aber diese Energie ist kein Zufall. Sie ist das letzte Aufbäumen gegen die Repressionen eines innerlich toten Unterdrückerstaates. „Leila’s Brothers“ ist ein Blick auf die letzten Tage des Patriarchats. Ein genialer Film, mit einer letzten Einstellung, die vielleicht zu den schönsten des Kinojahres gehört. Saeed Roustaees Film wirkt wie eine Prophezeiung, die sich in unheilvoller Art und Weise vor unseren Augen realisiert hat. Der Film feierte seine Weltpremiere bei den Filmfestspielen in Cannes, wo Roustaee mit dem FIPRESCI Preis der internationalen Filmkritik als bester Film ausgezeichnet wurde.

Around the World in 14 Films 2022, präsentiert von Melika Foroutan

Credits

+++ Berlin-Premiere +++

OT: Baradaran-e Leila
Regie: Saeed Roustaee
Drehbuch: Saeed Roustaee
Produktionsland: Iran 2022
Produktion: Sky Frame Saeed Roustaee
Cast: Taraneh Alidoosti, Payman Maadi, Navid Mohammadzadeh
Länge: 168 min.
Sprache: farsi OF / englische UT
Deutscher Verleih: /
Festivals: Cannes, München, Zürich, Busan, Hong Kong, Gent, Adelaide u.v.a.
Preise: Cannes FIPRESCI Preis, München ARRI OSRAM Preis Besondere Erwähnung